Ich heiße Joana, und normalerweise bin ich ein fröhlicher, lebensfroher Hund. Mein Frauchen, Julia, sagt oft, ich sei ihr „kleiner Wuschel-Sonnenschein“, weil ich immer so glücklich bin, wenn wir spazieren gehen im Wald, oder zusammen kuscheln. Doch jedes Jahr, wenn der Dezember kommt, verändert sich meine Welt.
Es fängt ganz plötzlich an, meist schon irgendwann Anfang Dezember. Ein lauter Knall, irgendwo draußen, und mein Herz schlägt sofort schneller. Ich verstehe nicht, was das ist. Ist da etwas Gefährliches? Kommt es näher?
Mein erster Instinkt sagt mir, dass ich mich verstecken muss. Also krieche ich unter das Sofa – das ist mein sicherster Platz. Aber auch dort zittere ich am ganzen Körper, weil ich nicht weiß, ob ich wirklich sicher bin.
Die Tage werden schlimmer. Die Knalle kommen öfter, manchmal plötzlich, wenn wir draußen sind. Ich habe so Angst, dass ich am liebsten sofort nach Hause rennen würde. Julia hält meine Leine dann ganz fest, und ich höre ihre besorgte Stimme: „Alles gut, Joana, ich bin da.“ Aber es ist nicht alles gut. Der Lärm ist überall, er verfolgt mich, und ich kann ihm nicht entkommen.
Wenn dann der 31. Dezember kommt, weiß ich, dass es die schlimmste Nacht wird. Die Menschen nennen das „Silvester“. Für mich ist es der absolute Albtraum.
Es fühlt sich an, als würde der Himmel explodieren. Überall knallt, pfeift und donnert es. Jedes Mal zucke ich zusammen, und mein Herz rast. Julia bleibt die ganze Zeit bei mir, aber auch sie sieht traurig aus. Sie streichelt mich und spricht leise zu mir, aber die Geräusche sind so laut, dass ich ihre Stimme kaum hören kann. Ich fühle mich so klein und hilflos.
Ich kann nicht fressen, nicht trinken, nicht schlafen. Mein Bauch tut weh, und ich bin so müde, dass ich kaum meine Augen offen halten kann. Aber wie soll ich schlafen, wenn ich immer auf der Hut sein muss?
Am nächsten Morgen ist die Welt endlich wieder still – zumindest für einen Moment. Aber kaum wird es dunkel, fängt das Knallen wieder an. Es ist nicht mehr so laut und nicht mehr so oft wie in der Silvesternacht, aber es reicht, um meine Angst zurückzubringen. Manchmal dauert es noch Tage oder sogar Wochen, bis der Lärm wirklich aufhört. Jeder Knall fühlt sich für mich an wie eine Erinnerung an den großen Albtraum, und ich zittere jedes Mal wieder.
„Ich verstehe nicht, warum sie das noch machen müssen“, sagt Julia oft. „Die Tiere und wir hatten doch schon genug.“, während sie mich auf den Arm nimmt, um mich ein bisschen zu beruhigen. Aber ich sehe in ihren Augen, dass sie sich genauso ausgelaugt fühlt wie ich.
Mein Frauchen tut alles, um mir zu helfen. Sie spielt laut Musik, wickelt mich in meine Lieblingsdecke ein und versucht, mich zu beruhigen. Aber ich sehe, wie anstrengend das auch für sie ist. Sie schläft kaum, weil sie die ganze Nacht bei mir bleibt. Ich wünschte, ich könnte ihnen zeigen, wie dankbar ich bin.
Dieses Jahr versucht sie etwas Neues. Sie spricht mit anderen Menschen und ihnen erzählt, wie ich mich fühle, wenn es knallt, warum Tiere wie ich so viel Angst haben – und wie sehr es auch für meine Menschen schwierig ist, mich so leiden zu sehen.
Vielleicht hilft es etwas, damit die Menschen etwas mehr Verständnis für meine Situation erhalten. Vielleicht gibt es doch Menschen, die verstehen, dass nicht alle den Lärm mögen.
Ich hoffe so sehr, dass es eines Tages ein Silvester gibt, an dem ich nicht zitternd unter dem Sofa liege. Ein Silvester, an dem ich mit meinen Menschen entspannt sein kann, ohne Angst. Bis dahin möchte ich euch um etwas bitten: Denkt an Tiere wie mich, wenn ihr feiert. Es gibt viele, die wie ich Angst haben, und auch unsere Menschen leiden mit uns. Gemeinsam können wir es vielleicht schaffen, dass Silvester für alle ein schönes Fest wird.