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Redaktion

Ein Leben im Dienste der Gemeinschaft: Ein Interview mit Friedrich Schwanecke über Sozialarbeit, Ehrenamt und Seniorenarbeit

Wir freuen uns sehr, dass du heute Zeit gefunden hast, um uns einige Fragen zu beantworten, Friedrich. Dein Engagement im sozialen Bereich und besonders deine ehrenamtliche Tätigkeit im Seniorenbeirat der Gemeinde Nienhagen sind bemerkenswert.

Friedrich, du bist Diplom-Pädagoge und Berufsbetreuer i.R. und hast viele Jahre im sozialen Bereich gearbeitet. Kannst du uns einen kurzen Überblick über deine berufliche Laufbahn und deine bisherigen Tätigkeiten geben?

Ein kurzer Überblick über 46 Jahre aktiver Sozialarbeit ist nicht so ganz einfach, zumal die Zeit für die eigene Familie auch eine besondere Herausforderung war. Ohne den Rückhalt und die Unterstützung meiner Frau und meiner beiden Söhnewäre es kaum möglich gewesen, die turbulenten Zeiten durchzustehen.



Pädagogik habe ich von 1973 - 1978 an der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster studiert. Meine Studienschwerpunkte waren Sozialpädagogik/Sozialarbeit mit Heimerziehung und Freizeitpädagogik als inhaltliche Schwerpunkte.

Noch während ich an meiner Diplomarbeit schrieb folgten Schlag auf Schlag 20 Jahre Leitungstätigkeiten in diakonischen Einrichtungen in Düsseldorf, Mülheim/Ruhr, Hannover und unmittelbar nach der Wende in Magdeburg. Im Rückblick gehörte die Zeit in Magdeburg bestimmt zu den spannendsten beruflichen Zeiten meiner Laufbahn. Eigentlich war das Behindertenhilfe-Projekt der Diakonischen Akademie Stuttgart im Zuge von Aufbau Ost auf zwei Jahre veranschlagt, aber es wurden über vier Jahre daraus.

Im Jahr 1999 folgte nach 20 Jahren Diakonie ein grundlegender beruflicher Wechsel: Ich habe mich als Berufsbetreuer im Amtsgerichtsbezirk Celle freiberuflich niedergelassen. Das war ein tiefer Einschnitt, aber spannend und lehrreich zugleich. Die Arbeit war oft schwierig und Erfolge nicht die Regel, aber in der Nachschau kann ich sagen, für meine Klienten einiges bewegt zu haben. Es war eine gute Zeit, immerhin für weitere 26 Berufsjahre.

Du bist Sprecher des Seniorenbeirates der Gemeinde Nienhagen. Was motiviert dich, dieses Ehrenamt auszuüben, und welche Ziele hast du dir für deine derzeitige Amtszeit gesetzt?

Ehrenamtliche Tätigkeiten waren seit meiner Konfirmation immer Teil meines Lebens. Und ich bin heute fest davon überzeugt, dass ohne ehrenamtlich tätige Bürger nichts in unserer Gesellschaft richtig laufen würde. Wir brauchen das Ehrenamt.

Als 2018 die Aufforderung zur Gründung und Wahl eines Seniorenbeirats für die Gemeinde Nienhagen kam, fand ich das interessant. Schließlich war ich ja inzwischen betroffener Senior. Schon beim ersten Informationstreffen war mir klar, dass ich Lust hätte, mitzumischen. Jörg Makel hat damals wie heute sehr betont, wie wichtig ehrenamtliches Engagement für das Funktionieren unseres Gemeinwesens ist. Und seitdem bin ich dabei, inzwischen schon in der 3. Wahlperiode.

Den Seniorenbeirat bewegen viele Anliegen, oft viel mehr, als die wenigen Mitglieder leisten können. Immerhin sind wir im Fortbildungsbereich sehr aktiv, haben drei Seniorenmessen organisiert, auf denen spezifische Angebote und Dienstleistungen für Senioren vorgestellt wurden. Wir bieten Sprechstunden an, in denen Senioren ihre Kümmernisse vortragen können und wenn möglich, Hilfen bekommen. Wir haben uns mit anderen Anbietern wie dem SoVD-Nienhagen und dem KESS vernetzt. Ende Juni sind wir dem Landesseniorenrat Niedersachsen beigetreten und erhoffen uns von der übergeordneten Interessengemeinschaft viele Impulse für die Aufgaben der nächsten Jahre.

Wir nehmen an einigen Ausschüssen der Gemeinde teil und können uns dort informieren und Beiträge leisten. Es gibt noch viel zu tun, und nächstes Jahr im November steht die nächste Wahl an. Wir möchten dem dann neu gewählten Seniorenbeirat einen arbeitsfähigen Beirat übergeben. Der muss sich dann eigene Ziele setzen.

Du bietest Fortbildungen zu verschiedenen wichtigen Themen rund um die Vorsorge an. Was sind die größten Herausforderungen, denen du in deinen Seminaren begegnest, und wie reagieren die Teilnehmer auf Themen wie Patientenverfügung und Organspende?

Seit gut 30 Jahren bin ich europaweit nebenberuflich als Fortbildungsreferent für Sozialberufe tätig.


Ich referiere Themen aus meinem beruflichen und persönlichen Erfahrungsbereich und begleite soziale Projekte zu verschiedenen Fragestellungen.

Immer wieder bin ich überrascht, wie wenig über Vorsorgethemen bekannt ist. Einige Themen machen offensichtlich Angst, wie z.B. Organspende, Beerdigungsvorsorge, Patientenverfügung. Bei anderen Themen dominieren Wissenslücken und Unwissen, wie Vorsorgevollmachten, rechtliche Betreuungen, Heimplatzfinanzierung, Umgang mit digitalem Nachlass und viele weitere Themen. Das Interesse an diesen Themen ist seit Jahren unverändert groß. Hinzu kommen neue Themen, wie Verkehrssicherheit im Alter, Schutz vor Betrug, Erste Hilfe für Senioren, Sterbebegleitung und viele weitere Themen.  

 In deinen Seminaren behandelst du das Betreuungsrecht und Vorsorgevollmachten. Warum ist es so wichtig, dass sich Menschen frühzeitig mit diesen Themen auseinandersetzen?

Ein wesentlicher Faktor aller Vollmachten ist die Person des Vertrauens, die meine Interessen zu vertreten weiß, wenn ich das selbst nicht mehr kann. Dabei gibt es eine ganze Reihe hilfreicher gesetzlicher Vorgaben und Regelungen, die bei der Umsetzung der Vorsorgemaßnahmen bekannt sein sollten. Das gilt sowohl für Angehörige als auch ersatzweise staatliche Helfer. Man muss sich nur rechtzeitig darum kümmern und nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Du bietest auch Spezialseminare zur Finanzierung von Pflegeheim-Plätzen und zur Sterbebegleitung an. Welche Resonanz bekommst du auf diese spezifischen Themen und was sind die häufigsten Fragen, die dir gestellt werden?

Die Heimplatzfinanzierung ist ein absolut heißes Eisen und lässt Betroffene und deren Vertreter, aber auch Fachleute immer wieder verzweifeln. Hier ist erst einmal die Bundespolitik gefordert. Wir sehen, dass die Heimplätze immer teuer werden und die einzusetzenden Eigenmitteldahinschmelzen. Man weiß kaum noch, was man den Betroffenen raten soll. Die Heimplatzfinanzierung ist mehr und mehr eine Flickschusterei.

Im Bereich der Sterbebegleitung gilt es über die Arbeit der Hospizbewegung und Palliativdienste zu informieren. Dort gibt es hervorragende Referenten, die man zu Seminaren einladen kann. Da habe ich bestenfalls die Rolle des Organisators.

Was würdest du anderen Menschen raten, die überlegen, sich ehrenamtlich zu engagieren, besonders im Bereich der Seniorenarbeit?

Sie sollen sich mit Spaß und Offenheit in die Arbeit stürzen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten für Aktivitäten, so dass im Grunde für jeden etwas dabei ist.

Wie siehst du die Zukunft der Seniorenarbeit und welche Entwicklungen erwartest du in den nächsten Jahren, gerade in Bezug auf die Vorsorge und Betreuung älterer Menschen?

In Zukunft werden viele Herausforderungen auf uns alle zukommen. Bald werden Senioren den größten Bevölkerungsanteil bilden. Darauf müssen wir uns alle einstellen. Das betrifft alle Bereiche gesellschaftlichen Lebens. Und es wird Geld kosten, alle notwendigen Maßnahmen zu finanzieren, sehr viel Geld! Und das muss irgendwoher kommen.

Ich bin ganz sicher: Es wird weitergehen, und es wird engagierte Menschen geben, die Ideen haben und Lösungen für die anstehenden Probleme finden werden. Diese Menschen müssen wir unterstützen, besonders auch als Ehrenamtler. Ohne uns wird es nicht laufen!

Vielen Dank, Friedrich, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten und uns einen Einblick in deine wichtige Arbeit zu geben. Dein Engagement und deine Fachkenntnisse sind von unschätzbarem Wert für die Gemeinschaft. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg in all deinen Projekten und deiner Tätigkeit im Seniorenbeirat.

Wir bedanken uns bei Friedrich Schwanecke für das interessante Gespräch und hoffen, dass unsere Leser einen guten Einblick in seine Arbeit und seine Motivation erhalten haben. Bleiben Sie dran für weitere spannende Interviews in unserer Serie "Interview der Woche". 


Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, Euer, Ihr Alexander Hass 

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